6. Kapitel

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Die Studio-Hotline, die sich an die Nachmitagssendung angeschlossen hatte, war eine außerordentlich lebendige Veranstaltung gewesen. Von dem insgesamt mehr als 150 Anrufern hatte Peer Wagmann mit knapp 30 selbst gesprochen. Dass die Bordelektronik ihrer Autos per Funk überwacht und von außen manipuliert werden konnte, hatte viele Hörer regelrecht entsetzt. Joachim Braun, der verantwortliche Senderedakteur des Westdeutschen Rundfunks in Köln und Peer Wagmann hatten die Sendeleitung zwischen dem WDR-Studio und Wagmanns Studio in Neckarstadt noch einige Minuten nach dem Ende der Zuschauersendung stehen lassen, um sich ganz kurz über den Sendeschwerpunkt des Nachmittags und weitere Themen zu unterhalten. „Überwachung ist da ein Top-Thema“, urteilte Jo Braun. „Da müssen wir dringend noch mehr machen.“ – „Meinst Du echt, die Leute haben Angst vor Internet-Überwachung und Mail-Kontrolle, fragte Wagmann zurück und nestelte am Plop-Schutz seines Mikrofons in der Sprecherkabine seines Studios in Neckarstadt. „Glaubst Du wirklich, dass ein Volk von Paybackkarten-Inhabern um seine Privatheit im Internet fürchtet oder gegen staatliche Überwachung auf die Straße gehen würde?“, fragte Wagmann seinen Kollegen im Kölner Funkhaus am Appellhofplatz. „Das sind sehr diffuse Ängste“, erläuterte Jo Braun, „aber deshalb dürfen wir die noch lange nicht unterschätzen“.

 

Sie kamen überein, den Sendeschwerpunkt in einer Woche der „Privatheit im Netz“ zu widmen. „Das Thema hat eine enorme politische Brisanz“, meinte Jo Braun zum Abschluss ihres Gesprächs. „Denk Dran“, ermahnte er seinen Kollegen in Neckarstadt, „früher hat die Stasi nur die Papierbriefe zwischen BRD und DDR mitgelesen. Heute werten Ex-Stasi-Agenten in weiten Teilen Deutschlands die Mail aus.“

 

Peer Wagmann hatte die halbe Strecke seines Nachhausewegs schon zurückgelegt, als er plötzlich bremste, an den Straßenrand fuhr und anhielt. „Heute werten Ex-Stasi-Agenten in weiten Teilen Deutschlands die Mail aus“, echote Jo Braun virtuell in seinem Ohr.

 

Das war der Ansatz! Bauamtsleiter hatte ihm die anonyme Mail mit den Dokumenten zur Überwachung in Neckarstadt geschickt, weil diesen 150-Prozent-Beamten offenbar Gewissenbisse plagten. Und jetzt war er tot – harpuniert, wie Marianne Löble, die Kommissarin, ihm mitgeteilt hatte.

 

Wer harpunierte einen Menschen? Die Stasi? „Alles Quatsch, sieh mal keine Gespenster“, ermahnte Wagmann sich selbst, ließ den Motor wieder an und fuhr nach Hause. Er musste dringend Bett.

Mail-Mord in Neckarstadt - 6. Kapitel
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