Peer Wagmann starrte ungläubig auf den Monitor. Kein Zweifel, der Absender der anonymen Mail mit dem belastenden Dokumenten zur Mail-Überwachung in Neckarstadt war Alexander Mitsch – der Alexander Mitsch, den er vor knapp zehn Stunden - von einer Harpune durchbohrt, wie ihm die freundliche Kommissarin vom Landeskriminalamt berichtet hatte – neben seiner Garage vor dem Business Center gefunden hatte.
Wagmann gähnte und fühlte sich todmüde, völlig ausgelaugt. Dabei hatte er in gut einer Stunde noch eine Live-Schaltung nach Köln ins Nachmittagsprogramm von WDR 2. „Car-Napping“ – das Thema war gut durchrecherchiert. Mitten auf der Autobahn hatten Hacker den Bordcomputer eines PKW per Funk geknackt und ihn gegen den Willen des Fahrers auf nur 30 Stundenkilometer heruntergebremst. Das Thema wurde schon seit zwei Tagen in der ARD rauf- und runtergespielt. Ein Beitrag für das Magazin von Theo Maunz musste auch noch gedreht werden. Doch statt am Gesprächsaufbau für die Live-Schalte zu arbeiten, hatte Wagmann die vergangenen Stunden damit zugebracht, sogenannte Retracing-Programme zu starten und auszuwerten, mit denen man Internetverbindungen zurückverfolgen konnte und parallel ein ganzes Puzzle aus Datenpäckchen zusammenzusetzen, die seine Analysesoftware auf diversen Internet-Knotenrechnern gefunden und als Bestandteil der anonymen Mail an ihn identifiziert hatte.
Zwischendrin hatte es noch ein längeres Gespräch mit Marianne Löble, gegeben, Kriminalhauptkommissarin beim Landeskriminalamt Stuttgart, die die Ermittlungen im Fall Mitsch leitete. Der harpunierte Bauamtsleiter war auf dem Weg in die Klinik gestorben.
Stundenlang waren daraufhin Kriminaltechniker der Spurensicherung in ihren weißen Overalls über den Parkplatz des Business Centers gerobbt und hatten Zentimeter für Zentimeter nach Spuren abgesucht. Kommissarin Löble, die die Ermittlungen leitete war ohne anzuklopfen einfach in Wagmanns Büro marschiert und hatte zwei Fragen gestellt, bevor sie sich in den Besucherstuhl setzte: „Erstens: Haben Sie einen Kaffee? Zweitens: Wie haben Sie Herrn Mitsch gefunden?“ – „Ad 1 ja, ad 2 zufällig“, hatte Wagmann geantwortet und war aufgestanden, um seiner Besucherin einen Kaffee zu holen.
Die beiden hatten sich während des einstündigen Gesprächs, das Marianne Löble auf gar keinen Fall als Vernehmung bezeichnen wollte, glänzend unterhalten. Schnell stellte sich eine Gemeinsamkeit heraus: Beide hatten Philosophie studiert. Marianne Löble hatte allerdings nach dem fünften Semester abgebrochen und war zur Polizei gegangen, Wagmann hatte noch eine Zeit lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter Artikel für das Historische Wörterbuch der Philosophie geschrieben, bis seine Stelle am Lehrstuhl für philosophisch-theologische Grenzfragen nicht mehr verlängert worden war, und landete danach zunächst beim Radio, später beim Fernsehen.
Sie hatte in Freiburg studiert, er in Münster. Das Tötungsdelikt Mitsch hatte bei Licht besehen nur eine ausgesprochen untergeordnete Rolle in ihrem Gespräch gespielt. Man kam überein, am nächsten Tag miteinander zu telefonieren. Wagmann war sich unsicher, ob er –trotz aller spontan empfundener Sympathie – der Kommissarin von der anonymen Mail mit der seltsamen Mitteilung, dass in Neckarstadt eine breit angelegte Überwachungsaktion im Gange sei, und dem von ihm ermittelten Absender berichten sollte.
Er witterte eine größere Geschichte dahinter. Die wollte er erst als Skandalstory auf ein paar öffentlich-rechtliche Sender bringen, bevor die Polizei ihm die Geschichte kaputtmachen konnte. Jetzt ging es um die Frage, warum Mitsch ihm die Mail geschickt hatte und welche Ausmaße die von Mitsch geschilderte Überwachungsaktion wirklich hatte. Wie konnte er hier weiterkommen? Wen befragen? Egal, jetzt musste er erst einmal seine Brötchen verdienen. Und da ging es in der anstehenden Live-Schalte um Car-Napping, nicht um den „Mail-Mord“, wie Wagmann die Mitsch-Geschichte für sich schon betitelt hatte.
Wie soll es weitergehen?
Das sechste Kapitel soll bis Anfang November geschrieben werden, daher besteht jetzt die Möglichkeit, die Handlung zu beeinflussen. Via Kommentar im Blog zum Krimi kann jede und jeder, die oder der mitmachen will, dem Autor Vorschläge schicken, wie es weiter gehen soll. Das können dramaturgische Hinweise, ausformulierte Szenen oder Beschreibungen über die weitere Romanhandlung sein.