Rechtspopulistische Journalistenschelte ist nicht neu. Damit haben Journalisten, die ihre Wächterfunktion wahrnehmen, inzwischen leider nahezu täglich zu tun. Die meisten Zuschriften mit Drohungen und Beleidigungen erreichen mich anonym. Doch die Zahl der namentlich unterzeichneten Hassmitteilungen wächst.
Neu ist, dass diese rechtspopulistsiche Hetze gegen Journalisten inzwischen auch von Zeitgenossen kommt, die bisher eher der Mitte der Gesellschaft zugerechnet werden. So erreichte mich der Tweet einer Ex-CSU- Mitarbeiterin und Ex-DJV-Mitarbeiterin diesen Inhalts:
Dass wir Journalisten Skandale aufdecken, also unsere Wächterfunktion wahrnehmen, umschreibt Frau Werner hier mit einem Griff in die braune Sprachkiste als "ans Bein pinkeln" und den Journalisten, der dies tut als "Querulanten". Mitteilungen ähnlichen Inhalts habe ich bisher vor allen Dingen von Höcke-Anhängern erhalten. Man müsste dies eigentlich nicht weiter kommentieren. Aber immerhin der Bundesverband des Deutschen Journalistenverbandes mit zwei Geschäftsstellen in Bonn und Berlin, den ja eigentlich eine solche Interpreation der Wächterfunktion nicht unbedingt begeistern sollte, hat diesen Tweet mit "gefällt mir" markiert.
Das darf wohl als Zeichen gelten, dass solche Art der populistischen Journalistenhetze inzwischen Institutionen und damit Menschen erreicht hat, die man der berühmten Mitte der Gesellschaft zurechnen konnte. Der Bundesvorstand des DJV hat diese Entgleisung seiner Bundesgeschäftsstelle bisher nicht kommentiert. Und es ist Anlass zur Sorge: Offenbar sind rechtspopulistische Tiraden offen gesellschaftsfähig geworden im Lande.
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Wolfgang Heinzel (Dienstag, 09 Juli 2019 08:27)
Wer hier "pinkelt" und "Mimimi" macht, ist die Frage;-) Wächterfunktion heißt halt leider auch, Kritik zu üben und diese auszuhalten und vor allem an sich die selben Maßstäbe ansetzen wie an andere. Das vermisse auch ich beim DJV-Bundesverband. Dieser setzt sich stattdessen in den Trend der Zeit: Schnell vom Tisch wischen bzw. abtun und die Machtfrage stellen, anstatt die Substanz von Kritik zu prüfen. An einem Image mit möglichst wenigen Angriffsflächen zu kleistern, scheint wichtiger, als sich mit Kritik substantiell auseinanderzusetzen. Schade.