Zur Verleihung des Journalistenpreises Informatik am heutigen Tage in Saarbrücken
„Not my Department“ lautete das Motto des 29C3, also des 29. Chaos Communication Congress im Jahre 2012 . Und mit diesem Motto wollten die Hacktivisten vom Chaos Computer Club mit ironischer Brechung zum Ausdruck bringen, dass zu viele in der Informationstechnik Tätige ihre Verantwortung nicht wahrnehmen und stattdessen wegschieben.
Das war der Auftakt zu einem Dialog mit der Politik, 2012. 2017 fand dieser Dialog schon nicht mehr statt. Die Hacker hatten und haben genug von bloßen Sonntagsreden. Sie sind frustriert, weil die Politik auf ihre technische Expertise nicht hört.
Aus dem Nerd vom Rande des Universums ist der Hacker geworden, der über die politischen Folgen seines Tuns nachdenkt. Doch bei der reinen Technikfolgenabschätzung darf weder der Hacker, noch der Programmierer, noch der Informatiker stehenbleiben. Das ist die Botschaft, die Alexandra Distler in ihrem Beitrag „Ethik für Nerds- Warum Programmieren eine gesellschaftliche Verantwortung mit sich bringt“ auf spannende, nachdenklich machende, aber vor allen Dingen hervorragend hörbare Weise vermittelt.
Es geht um moralisches Handeln, da reichen weder bloße Technikfolgenabschätzung noch rein rechtliche Erwägungen.
Zuspielung
Wir brauchen ethische Reflexion über moralisches Handeln dafür. Programmierer, Informatiker, alle, die mit dem Bullshit-Bingo-Hype „Digitalisierung“ zu tun haben, müssen hier in ethischen Kategorien denken, um eine Haltung zu entwickeln, eine Haltung zu dem, was wir mit dieser Digitalisierung wollen und was sie mit uns anstellt. Eine begründbare Haltung. Dazu fordert der am 5. März 2017 auf Bayern 2 gesendete Beitrag von Alexandra Distler auf und heraus.
Damit konnte zwar ein unsäglicher Wahlslogan wie „Digitalisierung first, Bedenken second“ nicht verhindert werden. Aber die Kollegin zeigt deutlich auf, dass es fatale Folgen hat, wenn auch die Nerds dem in der Politik so beliebten Ausblenden der moralischen Dimension des eigenen Handelns folgen. Deshalb fordert sie Ethik für Nerds. Einer Forderung, der übrigens gerade hier in Saarbrücken mit einer gleichlautenden Lehrveranstaltung Rechnung getragen wird.
Und der Beitrag bleibt dabei nicht stehen. Ethik nur für Nerds, dabei können wir es nämlich auch nicht bewenden lassen. So ist es zur Überlegung nur ein kleiner Schritt, dass ein Philosophiestudium generale für alle, eine sinnvolle Forderung ist. Wolfgang Schimpf, der Vorsitzende der niedersächsischen Direktorenvereinigung hat in der gegenwärtigen bildungspolitischen Diskussion über „Digitalisierung“ darauf hingeweisen, dass es gar nicht so schlecht wäre, wenn dem Pflicht Fach Informatik an den Schulen das Pflichtfach Philosophie beispringen könne.
Dabei darf natürlich die Philosophie nicht die Krisengewinnlerin der heute im Gefolge der bloßen Parole von einer sich digitalisierenden Gesellschaft entstehenden Ratlosigkeit sein. Ansätze, wie das gehen kann, habe ich im Beitrag von Alexandra Distler gehört. Dafür vielen Dank.
Und noch etwas habe ich gehört. Eine zweite Botschaft des Distlerschen Beitrages. Zieht man nämlich die reinen Musikanteile von der Beitragslänge, 52‘35“, ab, dann bleiben 42’00“ Wortanteil. Das kann im Beitrag „Ethik für Nerds“ gar nichts anderes sein als eine Hommage an Doug Adams. Sie erinnern sich: In „Per Anhalter durch die Galaxis“ erfahren wir, dass ein Supercomputer nach irre langer Berechnung als Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest ausgibt: 42. Ein Handtuch für die Preisverleihung habe ich nicht mehr geschafft zu kaufen. Deshalb gibt es jetzt einfach eine handtuchlose Urkunde.
Der Beitrag ist unter dem folgenden Link abrufbar:
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/kolumnen-sendungen/generator/ethik-fuer-nerds-100.html
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