Zum zweiten Mal in meinem Leben bin ich heute aus der FDP ausgetreten.
Das erste Mal habe ich die Partei 1982 verlassen, nachdem die Liberalen die sozialliberale Koalition aufgekündigt hatten. Eingetreten bin ich dann im Jahr 2004 wieder, weil mich die Graswurzelpolitik des FDP-Stadtverbandes in meiner Wahlheimatstadt Remseck überzeugt hat. Aus dieser Graszwurzelüberzeugung habe ich den FDP-Stadtverband Remseck dann auch drei Jahre als Vorsitzender geführt und gehörte dem Pattonville-Beirat bis zur Auflösung im Jahr 2014 als FDP-Beirat an.
Wir hatten schwierige Zeiten, die FDP und ich, sogar eine schwierige Beziehung. Denn ich gehörte als einer der letzten Mohikaner zum linksliberalen Flügel dieser Partei, dessen Mitglieder ja inzwischen Artenschutz genießen müssen.
Von den Freiburger Thesen hat sich diese Partei weit, sehr weit entfernt. Sie sind beim politischen Führungspersonal schlicht in Vergessenheit geraten.
Ich verlasse die FDP, weil ich nicht mehr in einer Partei mitarbeiten kann und will, deren Vertreter liberale Positionen schnell aufgeben, wenn es denn um ein gut dotiertes Polit-Pöstchen geht. Der Koalitionsvertrag in NRW zum Beispiel widerspricht liberaler Überzeugung. Allein die Videoüberwachung ist schlicht nicht zustimmungsfähig.
Ich habe dagegen gekämpft, als die neoliberale Ausrichtung in dieser Partei überhand nahm. Das war ein wichtiger Kampf. Ich habe mit offenem Visier gegen die Nationalliberalen um den ehemaligen Bundesanwalt von Stahl gekämpft.
Aber einen Kampf gegen ahnungslose Pöstchenjäger, die einfach profillos geworden sind, kann ich nicht führen und den kann man auch nicht gewinnen.
Natürlich gibt es noch einen Jimmy Schulz, eine Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, einen Gerhart Baum in der FDP. Deshalb habe ich es auch so lange dort noch ausgehalten.
Aber einen Hans-Ulrich Rülke, der auch schon mal für mehr Online-Durchsuchung eintritt, wenn er meint, das würde ihm jetzt einen kleinen taktischen oder persönlichen politischen Vorteil bringen - solche haltungslosen Politiker ertrage ich einfach nicht mehr. Einen Johannes Schmalzl, der sich jetzt mit starken neoliberalen Tönen und Hinterhofabsprachen an die Stuttgarter IHK-Spitze gemogelt hat und zuvor als Regierungspräsident, aber auch als Verfassungsschützer der auf zwei Beinen laufende ausgetreckte Mittelfinger gegen die Freiburger Thesen war, finde ich schier unerträglich.
Nein, liebe FDP, jetzt müssen sich unsere Wege trennen. Macht ihr weiter mit der pöstchenorientierten sachzwangreduzierten Ehrlichkeit, ich rezitiere derweil die Freiburger Thesen und werde sie euch in Kommentaren um die Ohren hauen.
Diese Arbeitsteilung ist ehrlicher als das Hoffen darauf, dass die PPPs, nämlich die "persönlichen Profit-Politiker" in dieser Partei doch mal zur Vernunft kommen und vielleicht sogar die eine oder andere liberale Position wieder entdecken könnten.
Die FDP war mal eine liberale Partei, deren Politik vom Prinzip der sittlichen Würde des Menschen getragen wurde. Jetzt geht es den Vitalienbrüdern von der Lindner-Partei um ihre Selbstversorgung.
Ihr fahrt damit den parteipolitisch verfassten Liberalismus vor die Wand. Aber was solll's, im Augenblick geht in dieser Republik ja noch viel mehr kaputt.