Offshore-Leaks - Was passiert mit den Daten?

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In der Offshore-Leaks-Affäre geht Finanzminister Wolfgang Schäuble davon aus, dass das internationale Konsortium für investigative Journalisten in Washington der Bundesregierung die von einem Informanten zur Verfügung gestellte Festplatte mit 260 GB Daten und 2,5 Millionen Dokumenten weiterreicht. Die Kollegen in Washington haben bereits signalisiert, dass eine Weitergabe einer Festplatten-Kopie problematisch ist. Denn aufgrund der vorhandenen Log-Dateien und der Metadaten einiger Dokumente könnte der Informant, der die Festplatte dem Konsortium zur Verfügung gestellt hat, enttarnt werden. Das darf natürlich auf gar keinen Fall passieren.

 

Ohnehin wundert die massive Forderung der Bundesregierung und einiger Länder-Finanzminister auf Herausgabe der Festplattenkopie bzw. eines kopierten vollständigen Datensatzes der 2,5 Millionen Dokumente. In der Vergangenheit sind nämlich in mehreren Fällen Recherche, Datenanalysen und Ermittlungen von Steuerfahndern abgebrochen bzw. eingestellt worden.

 

Die Kollegen des Washingtoner Konsortiums haben für die Analyse der 2,5 Millionen Dokumente mit detaillierten Informationen über 130.000 Anleger aus insgesamt 30 Jahren und 170 Ländern die Analysesoftware verwendet, die als Beweissicherungssoftware von Finanzbehörden international eingesetzt wird, nämlich in Nuix und dtSearch.

 

Mit diesen forensischen Programmen werden alle Dokumente erfasst, und zwar sowohl deren Inhalt als auch deren Metadaten, das sind Daten, die darüber Aufschluss geben, wer ein Dokument wann mit welchen Programmen erstellt oder bearbeitet und an en weitergereicht hat.

 

Auf dieser Grundlage wird eine Datenbank aufgebaut, in der nicht nur jedes Dokument mit seinen Metadaten und seinem Inhalt verzeichnet ist und recherchiert werden kann, sondern in dem auch alle Beziehungen von einem Dokument auf andere Dokumnete und alle Querverweise akribisch dokumentiert sind. So kann analysiert werden, welche Tarnfirmen und letztlich welche Personen hinter welchen Konten stecken. So kann analysiert werden, ob es sich um Schwarzgeld handelt, um Geld, das an den Finanzbehörden des eigenen Landes vorbei transferiert wurde, oder um Geld, das legal angelegt und ordentlich versteuert wurde.

 

Wird mit diesen forensischen Programmen zum Beispiel eine Mail mit einem Vertrag über die Gründung einer Tarnfirma oder einer Stiftung analysiert, so werden alle Namen, die in diesem Vertrag genannt sind, dokumentiert, die Verweise auf andere Dokumente werden erfasst und in die Datenbank gestellt.

 

Auf diese Weise entstehen ganze Verweisketten, zum Beispiel von einer Mail mit einem angehängten Vertrag werden die in der Mail genannten Namen sowie die Namen der Vertragschließenden mit Verweisen auf die Ausweispapiere dieser Person versehen und auf die Stellen, an denen ihre Namen in anderen Dokumenten stehen. Die logischen Bezüge von einer Zahlungsanweisung auf ein Nummernkonto bis hin zum Antrag auf Kontoeröffnung werden so in einen einheitlichen Zusammenhang gebracht. Gleichzeitig zeigen die Analyseprogramme auf, in welcher zeitlichen Reihenfolge und über welche Umwege bestimmte Gelder geflossen sind.

 

Am Ende einer solchen Verweiskette steht dann ein Name. So kann genau recherchiert werden, welche Tarnfirmen oder Stiftungen, Konten oder Firmen diesen Namen zugeordnet sind und wer wann wem wohin Geld überwiesen hat.

 

Ausgesprochen aufwändig war dabei für die Datenjournalisten des Washingtoner Konsortiums die Erfassung aller Dokumente und das Erstellen der Datenbank mit allen Querverweisen. An den hier erstellten Indizes ist nun auch die Bundesregierung interessiert.

 

Das wiederum hat so manche Steuerfahnder erstaunt, der in der Vergangenheit des Öfteren darüber geklagt hat, dass die weit reichenden Analysemöglichkeiten von Software wie Nuix, dtSearch oder X-Way-Forensics gar nicht so richtig ausgenutzt würden.

 

Die entsprechende Analysesoftware wurde zwar von den Finanzbehörden auch in Deutschland beschafft, aber sie wurde und wird nicht konsequent angewendet. Häufig wurden Analyseläufe vorzeitig beendet, es wurde mit Termindruck argumentiert oder es wurden einfach Fahnder von einer Analyse abgezogen. Die Gründe für dieses Verhalten der Finanzverwaltungen können natürlich vielfältig sein. Offiziell wird eben häufig mit Termindruck und mangelnden personellen Ressourcen argumentiert. Doch unter der Hand machen Steuerfahnder kein Hehl daraus, dass der Einsatz derartiger Analysesoftware oftmals abgebrochen wird, weil die Ergebnisse übergeordneten politischen Stellen - sagen wir einmal- unangenehm sind.

 

Bei Offshore-Leaks könnte sich das anders entwickeln. Denn hier wurde eine breite Öffentlichkeit erzeugt, dementsprechend groß ist der Aufklärungsdruck. Doch in welcher Weise das Washingtoner Konsortium und der Verbund der Medienunternehmen, die hier Analysen vorgenommen haben, Finanzbehörden hierzulande Daten für Ermittlungszwecke zur Verfügung stellt, wird auch davon abhängen, welche Daten ohne Gefahr für den Informanten weitergegeben werden können. Allerdings auch, wenn Daten zu Ermittlungszwecken weitergegeben werden, bleibt fraglich, ob die Finanzbehörden die umfangreichen Analysemöglichkeiten, die die zur Verfügung stehende forensische Software erlaubt, auch wirklich ausnutzen. In der Vergangenheit ist es allzu oft unterblieben.

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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Ksoll (Freitag, 05 April 2013 14:30)

    Das wird ein Spagat werden. Es ist sehr zu vermuten, dass in den Unterlagen auch Hinweise auf Steuerkriminelle sind, denen hier Haftstrafen von bis zu 10 Jahren drohen. Bei Wikileaks war es anders herum: da wurden Verbrechen der US-Army in Irak gezeigt (und der Whistleblower in Haft genommen). Ich denke z.B. an die Verbrecher, die im Irak Zivilisten aus einem Hubschrauber ermordet haben.
    Wenn nun die Presse die Namen von Steuerkriminellen verheimlichen, werden sie möglicherweise der Beihilfe für Steuerkriminelle schuldig, statt aufzuklären wie Mannings. Wenn die Presseleute sich wegen Quellenschutz oder anderen Gründen weigern, die Daten herauszugeben, werden sie nicht nur bei den Strafverfolgungsbehörden ins Zwielicht kommen, sondern auch bei der Bevölkerung als Mittäter angesehen werden. Es wird nicht durchgehen, dass Reporter über Strafverfolgung oder nicht entscheiden.

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