Videopodcasting fürs kleine Budget

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Die Kanzlerin machts – die Medienhäuser auch

Die Erweiterung von Web-Auftritten um Internet-TV rollt momentan gerade an. Vor allen Dingen in Großbritannien setzen viele Fachverlage auf das Zusatzgeschäft mit dem Web-TV. Die Nachfrage steigt mit der besseren Ausstattung von kleinen Unternehmen und Haushalten mit Breitbandzugängen. Die Produktionskosten sinken dramatisch durch den Einsatz von Drei-Chip-Videokameras und PC-Schnittsystemen.

 

Kaum hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr erstes Videopodcast an die deutschen Internet-Zuschauer sendefrei geschaltet, schon zogen Fachverlage für Informationstechnik nach. Die Computerzeitschrift c’t stellte den Mitschnitt einer neunzigminütigen Podiumsdiskussion aufgeteilt in viele kleine Videohäppchen, ins Netz. Und die Computerwoche zog mit Interviews zur Lage der IT-Nation nach.

 

Beide Angebote erfreuten die Web-TV-Zuschauer zunächst nicht, waren aber mutige Versuche mit dem neuen Medium Vodcast (=Videopodcast). „Einfach nur eine Podiumsdiskussion in voller Länge abzufilmen und als Vodcast ins Netz zu stellen, langweilt den Zuschauer und Web-User“, meint Professor Stefan Hencke, Geschäftsführer der Stuttgarter Marktforschungsagentur Convensis, der gegenwärtig Vodcast-Marketing für die Luxusgüterbranche untersucht.

 

 „Die meisten Videopodcasts sind schlecht gemacht“, resümiert denn auch Marktforscher Professor Hencke. Und das hat zur Folge, dass Fachverlage zunächst einmal abgeschreckt werden, mit diesem neuen Medium zu arbeiten. Denn dort hat sich in vielen Fällen das Vorurteil festgesetzt: Entweder bietet man nur eine lausige Qualität und verärgert sich seine Leser mit Videopodcasts, oder es wird gleich sehr teuer.

 

Es ist eben ein Vorurteil. Denn lausige Qualität entsteht, wenn ein mies ausgebildeter Redakteur einer Fachzeitschrift das Podcast so nebenher schnell einmal „abdrehen“ soll oder wenn Lifestyle-Podcasts übermäßig aufgemotzt werden, aber ansonsten völlig inhaltsneutral daherkommen.

 

Hier hilft eine gute Fortbildung. Schon in nur wenige Tage dauernden Praxisworkshops sind die Grundlagen fürs Videopodcasting durchaus vermittelbar. Mit dem so erworbenen Basiswissen wird der podcastende Fachjournalist zwar keinen Grimme-Fernsehpreis für seine Arbeit einheimsen, aber qualitativ durchaus sehr annehmbare Videobeiträge fürs Web-TV produzieren können.

 

Und es hilft externer Sachverstand. Wenn etwas anspruchsvollere Kameraarbeiten zu erledigen sind, sollt ein Kameramann oder –frau, die das Bildermachen ganz gründlich gelernt hat, mit herangezogen und beauftragt werden. Die Kosten für einen halbtägigen Profi-Kameraeinsatz liegen in der Regel zwischen 600 und 800 Euro.

 

Nicht so anspruchsvolle Einstellungen für Statements einzelner Branchenvertreter sind hingegen mit dem Rüstzeug aus dem Podcast-Workshop zum Beispiel der Journalistenakademie weitgehend stressfrei und in professioneller Qualität machbar.

 

Allerdings muss zunächst ein Podcast-Konzept da sein. Denn beim Videopodacst gilt in konzeptioneller Hinsicht, was auch für jeden Fernsehfilm gilt: Einfach nur eine Kamera drauf halten, bringt nur schlechte Ergebnisse. Das Podcast-Konzept sollte die Zielgruppen und die publizistische Verankerung der Podcasts im Gesamtkonzept klären.

 

Fortbildung scheint ohnehin ein aussichtsreicher Einsatzbereich für Videopodcasts zu ein. „Denn hier ist das Visuelle, das Zeigen von ganz erheblicher Bedeutung“, meint der Münchner Marketingspezialist du Kommunikationsberater Alexander Wunschel. Aber auch die Leser-Blatt-Bindung kann durch den Einsatz von Videopodcasts verbessert werden. So setzt der Spiegel bei seinem Online-Auftritt auf Nachrichtenfilme, die dem Web-Nutzer das aktuelle Geschehen quasi im Dreistunden-Rhythmus nahebringen, ihn aber auch dazu bewegen, den Hintergrund, die Geschichte hinter den Nachrichten, in der nächsten Spiegelausgabe zu lesen.

 

„Das ist für Fachzeitschriften ein Anwendungsbereich mit enormen Potenzialen“, weiß Marktforscher Stefan Hencke. „Denn hier kann die monatlich erscheinende Fachzeitschrift täglich oder wöchentlich aktuelle Branchennachrichten und Fachinformationen für ihre Abonnenten per Web-TV anbieten und den Hintergrund dazu im später erscheinenden Monatsheft noch einmal aufgreifen.“

 

So wird das Abonnement attraktiver, weil es mit dem Web-TV Zusatznutzen bietet, und das monatliche Heft noch nutzwertiger, weil es mit den Hintergrundgeschichten direkt anwendbare Fachinformation bringt, deren aktuelle Verortung nicht mehr aufbereitet werden muss. „Außerdem lässt sich damit noch gutes Geld verdienen“, meint Convensis-Marktforscher Hencke und zählt gleich einen ganzen Markt der Möglichkeiten auf, wie etwa begleitende Bannerwerbung auf der Web-Seite des Internet-TV, Sponsorenwerbung zu Beginn, in der Mitte und am Ende eines Videopodcast oder das sogenannte „Parallele Podcasting“. Hierbei werden in einem werbefreien Podcast die aktuellen Branchennews im Fernsehnachrichtenstil an den Mann oder die Frau am PC-Bildschirm gebracht, daneben werden in einem zweiten Stream neue Produkte in einem Ad-Podcast dokumentiert. „Ad“ steht dabei zwar für Advertisement, hat aber mit der klassischen Anzeige oder Werbeschaltung nicht mehr viel zu tun.

 

„Beim Ad-Podcast werden Produkte oder Dienstleistungen journalistisch anspruchsvoll dokumentiert“, beschreibt Stefan Hencke diese neue Kommunikationsform zwischen Public Relations und Werbung. Dabei wird echtes Story-Telling angewendet. „Allerdings nicht, wie bisher in Fachzeitschriften bereits üblich, als Anwenderreportage, sondern eben als Produktdokumentation“, erläutert Hencke.

 

Das Ganze wird als bezahlter Beitrag wie eine Anzeige gekennzeichnet, so dass beim Videopodcast genauso wie in der Print-Ausgabe der Fachzeitschrift klar zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten unterschieden werden kann. „Dabei können in Sachen Videopodcast die Fachzeitschriftenverlage noch eine Menge von Messerveranstaltern, Wirtschaftsverbänden und Politikern lernen.

 

Ausgesprochen beliebt sind etwa Interviews als Vieopodcast. Zahlreiche Zwischenschnitte führen dabei weit über die eigentliche Interviewsituation hinaus und zeigen interessante Bilder, die die Inhalte des Interviews sehr anschaulich illustrieren. Dabei handelt es sich allerdings um sehr aufwändige Produktionen, die von der betreuenden Produktionsgesellschaft genauso umfangreich und akribisch geplant und durchgeführt werden wie größere Fernsehproduktionen.

 

„Hier lässt sich aber auch mit weniger Aufwand bereits sehr viel mit dem neuen Medium machen“, meint Hencke. So ist eine dreiminütige Nachrichtensendung, in der lediglich Standbilder von Produkten eingeblendet werden und auf Zuspielmaterial verzichtet wird, schon zu Selbstkosten von 600 bis 800 Euro zu produzieren. Vorausgesetzt, der Verlag hat in die Infrastruktur für die Produktion investiert. Wird solch ein Nachrichtenstück von einem Fremdanbieter realisiert, kommen leicht 1800 bis 2500 Euro zusammen.

 

„Das sind oftmals Web-TV-Sendungen fürs kleine Budget“, hat Stefan Hencke die Beiträge in produktionstechnischer Hinsicht analysiert. Und tatsächlich wurde dabei auf große Kamerafahrten oder immensen schnitttechnischen Aufwand verzichtet. Selbst Videopodcasts mit Interviewszenen wurden unaufwändig mit nur einer Kamera gedreht. Der Gegenschuss mit der Frage des Interviewers ist einfach nachgedreht worden. Die reinen Produktionskosten lagen schätzungsweise bei 400 bis 500 Euro.

 

Die Nachfrage nach derartigen Web-TV-Angeboten steigt. So prognostizieren die Marktforscher von Pricewaterhouse-Coopers in ihrer kürzlich erschienenen Medienstudie ein beschleunigtes Wachstum von Web-TV als Internetwerbeform. In Westeuropa sind im Jahr 2005 knapp 4,4 Milliarden Euro für Internetwerbung ausgegeben worden, in Deutschland 320 Millionen. „Deutschland hat hier einen klare Nachholbedarf“, stellt denn auch Marktforscher Hencke fest. „Ein nicht gerade geringer Teil dieses Nachholbedarfs wird in den nächsten Jahren in Web-TV gehen.

 

 

Journalismus 2.0: Podcasts als neue Medienform

 

Videopodcasts sind für Fachverlage ein aussichtsreiches Geschäft. Doch das kann nur betrieben werden, wenn die Fachjournalisten des Hauses in der Konzeption und Produktion von Podcats geübt sind und sie wissen, welche Werkzeuge sie benötigen.

 

Die digitale Revolution im Medienbereich hat Videopodcasts so richtig erschwinglich gemacht. Denn beispielsweise Schnittsysteme und Kameras kosten nur noch ein Zehntel dessen, was Videoproduzenten noch vor elf Jahren dafür bezahlen mussten. Das Budget für die technische Ausstattung, um Videopodcasts produzieren zu können, liegt in der Basisversion unter 10.000 Euro. Eine Musterkalkulation kann so aussehen:

 

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Grundausstattung

Videokamera, DV-Format, Dreichip    

2500,00
Stativ
1200,00
Drahtlos-Mikro (Niere und Kugel)
600,00
Drahtlos-Empfänger
500,00
EB-Licht, Grundausstattung
1800,00
PC-Schnittsystem (Adobe Premiere)  
1200,00
Tonset (Mikro, Kabel, Galgen)
800,00
Reflektoren (Basisausstattung)
1200,00
   
Die Kür fürs Videopodcasting  
Sprecher-Kabine für Nachvertonung 4500,00
Schnitt-Workstation mit ausreichendem Speicherplatz    5000,00
Kleiner Studioaufbau 5000,00
Kamerasupportsystem 7000,00
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