„Wir haben eine ganz neue Idee kreiert“, überrascht der umtriebige Verlagsleiter St. Einfalt die noch ahnungslosen Redakteure des IT-Journals für das ganze Weltall. „Wir testen, und der Hersteller zahlt für unser Qualitätsurteil“, erläutert der Medienmanager und fahrt fort: ,Je positiver unser Urteil über das Produkt, desto mehr muss der Hersteller zahlen.“ Begeisterung macht sich breit, allerdings nur in der Chefredaktion, in der Blattmacher Blähmann jubelt: „Damit schreiben wir Mediengeschichte“. Und er steigert sich sogar noch: „Seit Erfindung der Heiratsannonce vor 350 Jahren ist das die erste wirklich verlegerfreundliche Innova-tion.“ Seinen Chef vom Dienst beschleichen aber leise Zweifel. „Wie nennen wir das Kind denn“, fragt er. „Auf jeden Fall muss der Name der Produktaffinität gerecht werden“, gibt der rundliche Blähmann zu bedenken. Und prompt ergänzt Verlagsleiter Einfalt: „Dabei dürfen wir die Korrelation von Awareness am Markt und Zielorientierung des Geschäftsprozesses Test unter Vermeidung der Beanspruchung unserer Human Ressources nicht vergessen.“ Da wird Test-Ressortleiterin Anna Lüse aber richtig sauer und zischelt dem Verlagsleiter zu: „Das heißt also, wir bekommen keine neuen Planstellen für die zusätzlichen Tests, die dann gefahren werden müssen.“ „Leider“, klagt Einfalt und zuckt die Schulter, „Sie wissen doch, unser Deckungsbeitrag III verbietet das für die nächsten 37 Jahre.“ „Überstunden für die Ressortkollegen“, versucht Anna Lüse herauszuholen, was nach ihrem dumpfen Dafürhalten noch so gerade von der Verlagsseite herauszupressen ist. „Nicht nötig“, beschwichtigt der Verlagsleiter. „Der Hersteller liefert das Testergebnis gleich mit“, erklärt er und erläutert: „Wir setzen dann nur noch den Namen des zuständigen Redakteurs darunter, damit die Unabhängigkeit auch gegeben ist, und fertig.“ Damit ist Testredakteur Roman Schreiber nun gar nicht einverstanden. „Wenn ich meinen guten Namen, der einen verdammt hohen Marktwert im Fachjournalismus und in der angeschlossenen Industrie hat, für so etwas hergebe, will ich Geld sehen“, formuliert er seine Forderung unter dem Eindruck der von ihm so hochgeschätzten Lektüre des Heinrich von Kleist, die er zur Pflichtlektüre für abgebrochene Germanisten, die es in den IT-Journalismus verschlagen hat, hält. „Quatsch“, bricht Verlagsleiter Einfalt die Diskussion ab und brüllt das Zauberwert: „Tendenzschutz.“
Die Redakteure verstummen augenblicklich, gehen in die Kantine und haben schlechte Laune. Nur der Volontär fragt: „Warum hat hier eigentlich niemand etwas gesagt?“ Argwöhnisch mutmaßt er: "Das muss mit der Wahrheit im Fachjournalismus zu tun haben“.
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